Die stimme hallt als echo wider

9. September 2023 – 7. Januar 2024
Die große Installation, die Ireneo Nicora entworfen und in den Räumen der Ghisla-Stiftung eingerichtet hat, geht von einer sehr persönlichen Lebenserfahrung aus, die sich aber nicht als eine private Angelegenheit auflöst. Ihr Leitmotiv ist die Konfrontation mit einer Mutter, deren fortschreitenden Verfall, bedingt durch Gedächtnisverlust im Alter, der Künstler porträtiert und die den Titel trägt: LA VOCE IN ECO RISUONA (DIE STIMME HALLT ALS ECHO WIDER). Die Stimme, die Jahre nach ihrem Tod plötzlich wieder auftaucht und in dem Künstler wieder ertönt, ist die seiner Mutter Angelina, die große Zuneigung und ferne Erinnerungen wachruft: In diesem Sinne ist das Werk des Künstlers auf einer ersten Ebene ein Akt der Dankbarkeit und der Liebe zu ihr, aber gleichzeitig ist es auch ein Erforschen der Identität eines jeden Menschen im Verhältnis zur Flüchtigkeit der Zeit.

Das Werk besteht aus Sequenzen, die im Laufe von sechs Jahren (2018-2023) entstanden sind, in verschiedenen Situationen und Räumen, die sich vermischen und abwechseln, um die Kontinuität des Gedankens zu betonen, der sie verbindet. Ein Erlebnispfad mit Werken, die in den Raum des Betrachters eindringen und ihn herausfordern. Die Installation erhält somit eine konzeptionelle Bedeutung, für die der Beitrag und die Beteiligung des Besuchers grundlegend sind.

Indem er die Labilität des Gedächtnisses thematisiert, stellt sich der Künstler der Frage nach der immer unsicheren Identifikation mit uns selbst von dem Moment an, in dem der Verlust von Erinnerungen den Verlust von Teilen unserer eigenen Geschichte und damit unserer eigenen Identität nach sich zieht. Die Auseinandersetzung mit den Erinnerungen ist also auch eine Auseinandersetzung mit dem Leben: mit dem eigenen vor allem, aber auch mit den Leben derer, die uns in einer stetigen Pendelbewegung nahe standen. Indem Ireneo Nicora den würdigen und standhaften täglichen Widerstand seiner Mutter beobachtet und Freunde und Bekannte befragt, regt er mit seiner Installation zu einer umfassenderen Reflexion über die Funktion und Bedeutung des Gedächtnisses an: von der subjektiven und persönlichen Ebene des Künstlers zur kollektiven und universellen Ebene jedes einzelnen Menschen, der mit sich selbst, seiner eigenen Geschichte und der ihn umgebenden Umwelt konfrontiert ist.

      

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