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IN BETWEEN Anlässlich ihres zehnjährigen Bestehens präsentiert die Stiftung Ghisla Art Collection in Locarno eine neue Ausstellung, in deren Mittelpunkt eine Auswahl von fünfundsechzig Werken der Martine und Pierino Ghisla Sammlung steht. Intention der Ausstellung ist es, den Reichtum aufzuweisen, der sich aus der Möglichkeit eines künstlerischen und kulturellen Dialogs zwischen der italienischen und der amerikanischen Kunst ergibt.

Die Ausstellung In Between. Arte italiana e americana dalla Collezione Ghisla, kuratiert von Federico Sardella, nutzt die außergewöhnliche Gelegenheit, ein Projekt zum Leben zu erwecken, das aus gewagten Gegenüberstellungen und evokativen Verweisen zwischen Sprachen und Künstlern, zwischen den Werken und den Räumen der Stiftung entstanden ist. Die klassische Linearität kunstgeschichtlicher Chronologie oder die Einteilung nach kodifizierten Strömungen und Künstlergruppen wurde aufgehoben. Stattdessen präsentiert die Ausstellung einen Rundgang durch die Exponate, der alles andere als gradlinig ist. Er zielt vielmehr darauf ab, eine Art Informationsgitter zu erschaffen, das die gezeigten Werke ideell und ohne Leseprioritäten miteinander verbindet.

Gleich im ersten Raum der Ausstellung wird dem Publikum diese Vorgehensweise beispielhaft veranschaulicht; es wird dort ein enger Dialog zwischen Werke von Lucio Fontana, Giorgio Griffa, Richard Serra, Frank Stella und Grazia Varisco angeregt. Der Weg durch die Ausstellung sucht ständig nach Harmonie – oder fruchtbarer Disharmonie – zwischen italienischen Autoren und ihren Kollegen aus Übersee. Dabei wird jede Art von Zwang vermieden, allein dem Kunstwerk kommt die Autorität zu, den Einklang mit einem gleichgesinnten zu finden. Man wird in der Tat auf fruchtbare und aufschlussreiche Kombinationen stoßen, wie es bei den Werken von Carla Accardi, Giuseppe Capogrossi, Pietro Consagra, Sergio Fermariello, Keith Haring und Keith Sonnier der Fall sein kann: verschiedene und deutlich unterschiedliche Stimmen, die die gleiche Sprache sprechen und einen Dialog über das Zeichen führen. Nicht unähnlich ist die Methode, mit der die Arbeiten von Giosetta Fioroni und Tom Wesselmann oder die von Enrico Baj, Jean-Michel Basquiat und George Condo oder auch die von Alberto Burri mit Ettore Colla, Louise Nevelson und Giuseppe Uncini angeordnet wurden, um nur einige der ausgestellten Künstler zu nennen.


Der Titel der Ausstellung legt den unmittelbaren Wunsch nach einem Vergleich nahe. Einem Vergleich zwischen Werken und Künstlern aus derselben historischen Epoche oder zwischen Werken und Künstlern verschiedener Nationalitäten innerhalb von Jahrzehnten, die eventuell auch weit auseinanderliegen. Dieser Wunsch unterstreicht die Konzeption der Ausstellung, betont die Existenz eines verbindenden Raums und hebt die Verknüpfungen, Zusammenhänge und Beziehungen hervor, die zwischen einem Werk und dem anderen, zwischen einem Autor und seinem Kollegen bestehen. So wird deutlich, dass ein Gemälde, eine Skulptur, eine Installation oder eine Struktur nicht aus dem Nichts entstehen, sondern in einem Kontext bewertet werden müssen. Einem kulturellen, historischen und geografischen Kontext, der Erfindungen und künstlerischen Ausdrucksformen Rechnung trägt, die zuvor einer Vergangenheit angehörten oder später Teil einer Zukunft waren: zwischen einer Kunst und einer anderen, zwischen einem Bild und einem anderen.


      

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